Progressive Web Apps: die besseren Apps?

Es ist im digitalen Zeitalter schlichtweg unerlässlich für Marken und Unternehmen jeder Art, sich im virtuellen Raum zu präsentieren und Kunden auf ihren Endgeräten Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme und zur Identifikation mit Produkten und Werbestrategien zu geben. Doch je mehr verschiedene Endgeräte (Desktop, Smartphone, Tablet, Konsole etc.) Ihren Kunden zur Verfügung stehen, umso aufwändiger wird es für Unternehmen, ein einheitliches Kommunikationsprofil aufrechtzuerhalten.

Es ist kostspielig und zeitraubend, für jedes Update Ihrer Kommunikationskanäle Apps und Anwendungen auf mehreren Plattformen umzuschreiben und auf dem neuesten Stand zu halten, ganz zu schweigen von der daraus entstehenden Abhängigkeit von den Distributionsnetzwerken großer Drittanbieter wie Google Play oder Apples App Store, auf deren Geschäftspraktiken Sie keinerlei Einfluss nehmen können.

Zwar zeigen Statistiken, dass Anwender viel mehr Zeit in Apps verbringen als auf mobilen Webseiten, aber die „App-Zeit“ verteilt sich auf eine handverlesene Zahl von Apps die täglich genutzt werden (wie z.B. WhatsApp, Messenger).

Die Chance, dass Anwender Ihre App installieren, tendiert gegen Null, weil der Aufwand der Installation über einen App Store eine enorme Hürde darstellt. Und hier kommt die PWA ins Spiel.

Progressive Web App: Das beste aus beiden Welten?

Doch diese Probleme lassen sich umgehen mit dem Konzept der Progressive Web Apps. Diese besitzen zwar das Design und die Funktionalität herkömmlicher Apps, unterscheiden sich jedoch in einigen Punkten von den plattformabhängigen Anwendungen, die Sie möglicherweise im Moment noch zur Kundenbindung benutzen:

  • Sie sind browserbasiert und bauen auf HTTPS-Elementen auf. Das bedeutet, dass jeder Nutzer mit einem einigermaßen aktuellen Browser Zugriff auf Ihre Anwendung erhält, unabhängig davon, von welcher Plattform er auf Ihr Angebot zugreift. Manche Unternehmen verwandeln gleich ihre gesamte Webseite in eine Progressive Web App, aber auch im Browser installierbare Plugins und Anwendungen sind denkbar.
  • Sie sind verbindungsunabhängig, können also auch „offline“ genutzt werden. Ein Nutzer, der etwa auf seinem Smartphone eine App verwendet, die mit dem Herausgeber oder dem App-Store permanent kommuniziert, wird diese nicht mehr benutzen können, wenn aus irgendeinem Grund die Verbindung unterbrochen wird. Wenn Ihre App jedoch etwa ein Katalog ist, in dem sich Kunden über Ihre Produkte informieren können, reicht es, wenn diese je nach Verfügbarkeit der Verbindung aktualisiert wird; in der Zwischenzeit wollen Sie Ihren Kunden aber natürlich auch die Offline-Nutzung ermöglichen.
  • Sie sind in der Regel ressourcenschonender und können damit schneller und responsiver sein als herkömmliche Plattform-Apps. Dies ermuntert Kunden zur häufigeren Benutzung und hebt Sie positiv von Ihrer Konkurrenz ab. Ein Beispiel dafür ist die Tinder PWA, mit der die Ladezeiten von 11,91 Sekunden auf 4,69 Sekunden reduziert wurde. Die PWA ist 90 % kleiner als die native Android App von Tinder.

AliExpress Progressive Web AppBeispiele für die erfolgreiche Umsetzung von Progressive Web Apps gibt es einige. AliExpress etwa, eine Internet-Versandmarke des chinesischen E-Commerce-Giganten Alibaba, versuchte einige Zeit erfolglos, seine Nutzer von einer eher unflexiblen Webseite in eine eigene App umzuleiten, doch die Konversionsrate wollte einfach nicht nach oben springen. Nach der Verwandlung der AliExpress-Webseite in eine interaktiv nutzbare Progressive Web App wurde dieser Schritt überflüssig. Kunden konnten alle Vorteile einer klassischen App-Umgebung direkt auf der Webseite nutzen; die Zahl der aufgerufenen Seiten pro Besucher verdoppelte sich und die auf der Webseite pro Session verbrachte Zeit stieg um über 70%. Ein gewaltiger Erfolg für ein Versandunternehmen!

Auf allen Mobile-Plattformen dieselbe Funktionalität und Ästhetik

Auch der Social-Media-Gigant Twitter hat erfolgreiche Gehversuche mit einer Progressive Web App unternommen. Speziell als Verbesserung für seine Smartphone-Nutzer führte es eine neue, dynamische und Ressourcen-optimierte Webseite ein, die auf allen Mobile-Plattformen dieselbe Funktionalität und Ästhetik aufweist, was der langfristigen Kundenbindung sehr entgegenkommt. Seit ihrer Einführung hat die PWA die mobilen Twitter-Nutzer zu 75% mehr Tweet-Aktivität und 65% mehr Seitenklicks pro Session animiert. Auch hier: voll ins Schwarze getroffen.

Kundenbindung durch Push-Benachrichtigungen

Ein besonderer Bindungsfaktor von Progressive Web Apps ist die Möglichkeit, sogenannte Push-Notifikationen zu versenden. Vielleicht kennen Sie diese bereits von einem Ihrer eigenen Konten in einem sozialen Medium; die Option, vom Herausgeber einer App regelmäßig über Neuerungen oder interessante Angebote informiert zu werden, hat eine enorm positive Auswirkung auf die langfristige Loyalität Ihrer Kunden und besitzt das Potential, sowohl Häufigkeit als auch Verweildauer der Besuche auf Ihren digitalen Präsenzen zu erhöhen.

Ganz grundsätzlich ist eine Progressive Web App für Ihr Unternehmen womöglich erstmals ein Weg, überhaupt eine nennenswerte Anzahl Kunden in Ihre App-Umgebung zu integrieren. Wenn selbst ein Internet-Riese wie Alibaba Probleme hatte, seine Kunden zu einer App-Installation zu motivieren, wird dies für ein mittelständisches Unternehmen natürlich noch einmal ungleich schwerer sein. Wenn aber Ihre Kunden bereits mit dem Besuch Ihrer Webseite in eine App-ähnliche Umgebung eingebunden werden oder zumindest mit einem einzigen Klick die Installation der App vornehmen können, ersparen Sie Ihren Besuchern den Umweg in einen App-Store, den 90% oder mehr mit Sicherheit gar nicht erst genommen hätten.

So können Sie mit denselben professionellen Anwendungen glänzen, von denen bisher nur Firmen mit traditionell größerer Kundeninteraktion profitieren konnten, ohne dass Sie Ihre Kunden zu umständlichem Verhalten nötigen müssen.

Wann eine native App trotzdem besser ist

Die Welt der nativen Apps ist durch das Auftauchen der PWA trotzdem nicht vom Aussterben bedroht, denn es gibt je nach Anwendungszweck wichtige Gründe, die für native Apps sprechen. Wenn Ihre Zielgruppe kein Problem damit hat, Ihre App zu installieren, profitieren sie von einer Vielzahl nativer Funktionen, wie dem Geo-Fencing, NFC-Unterstützung, Zugriff auf Kalender, Kamera, usw. Außerdem ist die In-App-Geschwindigkeit höher, d.h. sobald alles geladen wurde, ist die Nutzung einer nativen App in der Regel flüssiger, da der Browser als Mittler entfällt. Und die geladenen Daten werden zwar im Browser-Cache gespeichert, aber nach längerer Nicht-Nutzung auch automatisch gelöscht, so dass beim folgenden Besucht alles neu geladen werden muss.

Sind Ihre Website-Besucher bereit für die App-Experience?

Natürlich entbindet die Verwendung von plattformunabhängigen Anwendungen Sie nicht von der Aufgabe, diese möglichst nutzerfreundlich und interaktiv zu gestalten. Theoretisch könnten Sie Ihre existierende Web2.0-Seite mit simplem Shop und statischer Seitenansicht auch als eine Art von Progressive Web App betiteln, denn alle grundsätzlichen Voraussetzungen wären ja erfüllt; Sie würden bloß massiv hinter Ihren Möglichkeiten zurückbleiben und so auch auf alle Vorteile der Technologie verzichten.

Ebenfalls sollten Sie sich überlegen, wenn Sie sich zur Verwendung der Technologie entschieden haben, diese schrittweise einzuführen, um Ihren Kunden die Möglichkeit zur langsamen Gewöhnung zu gewähren. Ein extrem interaktiver, bunter und motivierender App-Auftritt im Internet bringt nichts, wenn langjährige Kunden sich davon überfordert fühlen und erst einmal Abstand nehmen. Experimentieren Sie mit einzelnen Aspekten und prüfen Sie, wie Ihre Besucher und Kunden reagieren, bevor Sie drastische Entscheidungen treffen.

PWA – Mehr Freiheit, aber auch mehr Verantwortung

Unbedingt beachten sollten Sie ebenfalls, dass bei der eigenmächtigen Verwendung einer Progressive Web App auf Ihrer Webseite natürlich deutlich mehr Verantwortung für die Funktionalität des Programms auf Sie zurückfällt. Konkret heißt das: Eine nicht funktionierende oder anderweitig korrupte App wird es in keinen App-Store eines größeren Anbieters schaffen – Sie merken also gleich, ob etwas schief gelaufen ist, und am Ende wirkt die Platzierung im App-Store als ein Gütesiegel, das Ihnen weitere Probleme erspart. Wenn Ihre App-Plattform im Internet aber etwa Probleme mit bestimmten Virenschutzprogrammen verursacht, weil sie suboptimal programmiert wurde, müssen Sie dies selbst herausfinden und lösen. Eine sorgsame Zusammenarbeit mit Ihrer IT oder Ihren IT-Dienstleistern wird also unumgänglicher denn je.

Trotz all dieser Einschränkungen möchten wir Ihnen dringend ans Herz legen, sich mit dieser Thematik näher zu befassen. Gerade wächst eine Generation von Kunden heran, die praktisch seit Kindesbeinen mit der Ästhetik und Bedienbarkeit von Apps aufgewachsen ist, und wer zukünftig diesen Markt erschließen will, findet in der Progressive Web App Technologie eine hervorragende Abkürzung.

Was für Alibaba und Twitter funktioniert hat, könnte auch für Sie zum großen Wurf werden!

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